Wer bist du – und wenn ja wieviele?

Diese Frage kommt amüsant daher, doch lohnt sich ein genaueres Hinschauen.
Oft ist uns gar nicht bewusst, wie viele verschiedene Rollen wir im Alltag einnehmen und welche Erwartungen andere damit an uns stellen.

Eine berufstätige Frau kann z.B. die Kollegin und Chefin, Expertin auf ihrem Fachgebiet, Mentorin für andere Menschen und Netzwerkerin sein.
Im Privaten ist sie Freundin, Partnerin, Mutter, Nachbarin, Tochter, Schwester.
Ihr Interessen bringen weitere Rollen mit ins Spiel.
So ist sie vielleicht auch Hobbi-Schriftstellerin, Kunstschaffende, Reisende, Entdeckerin, ehrenamtliche Helferin, Freizeitsportlerin und aktives Vereinsmitglied.

Mit jeder Rolle kommen gewisse Zuschreibungen mit.
Manch eine ist die Perfekte, der alles leicht von der Hand geht.
Eine andere ist eher das Sorgenkind der Familie.
Als Kollegin kann eine Frau immer die fürsorgliche sein, als Chefin die Strenge.

Manche unserer Rollen erfüllen uns ganz und gar.
Wir nehmen sie gerne ein und schöpfen daraus Kraft.
Andere Rollen wiederum belasten uns eher.
Ohne dass wir genau wissen, was uns auf der Seele liegt, merken wir an unserer inneren Motivation, dass wir uns um bestimmte Tätigkeiten lieber drücken würden.
Am deutlichsten spüren wir das in Verbindung mit Verpflichtungen, die wir manchmal voller Enthusiasmus wahrnehmen oder hin und her überlegen, mit welcher Entschuldigung wir uns abkömmlich machen können.

Fakt ist: Wir sind diesen Rollen nicht ausgeliefert.
Wir dürfen sie sowohl annehmen, als auch ablehnen oder neu erfinden.

Falls du dich jetzt fragst, wie du das anstellen kannst, dann nimm dir 5 Minuten Zeit sowie Stift und Papier und male dich als Figur oder einfaches Strichmännchen in die Mitte. Nun schreibe ringsum alle Rollen auf, die dir einfallen: aus deinem privaten und deinem beruflichen Umfeld.

Bevor du weitermachst: Frage dich gern zwei-, dreimal: und welche noch?

Dann ergänze einige beschreibende Attribute, die du mit dieser Rolle verbindest bzw. die du glaubst, dass sie dir zugeschrieben werden und markiere die jewilige Rolle mit einem Symbol dafür, wie wohl du dich mit der Rolle als Ganzes fühlst.
Das können z.B. Smilleys sein oder Sonne, Wolke und Blitz.

Wenn du damit fertig bist, sieh dir dein Bild an.
Fühlt sich die Summe der Dinge gut an?
Ist die Anzahl angenehm für dich oder sind es zu viele Rollen?
Welche Rollen machen dir Freude?
Welche weniger?
Welche überfordern dich vielleicht sogar?
Welche Rollen und Tätigkeiten möchtest du gern stärker leben und ihnen mehr Zeit widmen?

Letztere sind es, die dir Lebendigkeit und Freude bringen.
Überlege, wie du diesen Energiequellen mehr Zeit in deinem Leben einräumen kannst.

Dann hinterfrage deine Energieräuber.
Das sind können Rollen sein, die du irgendwann freiwillig eingenommen hast, die jedoch nicht mehr zu deiner aktuellen Lebenssituation passen.
Welche davon kannst du evtl. loslassen, wenn sie dir keine mehr Erfüllung bringen?
Und dann sind da diejenigen Rollen, die du nicht einfach loslassen kannst.
Das sind vor allem familiäre Rollen.
Hier kannst du überlegen, was genau dich belastet.
Welche Erwartungen an dich willst du nicht erfüllen?
Welche wiederum sind ok?
Welche konkreten Situationen stören dich?
Ist es der Umgang miteinander, der rauhe Ton?
Oder sind es alte Geschichten, die ungelöst zwischen dir und anderen stehen, die aufgelöst gehören?

Wenn du im Moment noch nicht beschreiben kannst, was das eigentliche Problem ist, dann beobachte die Situation beim nächsten Mal.
Wie verläuft das nächste Treffen oder Telefonat?
An welchem Punkt fängst du an, dich unwohl zu fühlen oder baust innerlich eine Mauer auf?
Ergänze dann im Nachhinein deine Gedanken bzgl. deiner Rolle in deinem Bild und überlege erneut, was du ändern kannst.

Mithilfe dieser Erkenntnisse kannst du dich immer bewusster auf einzelne Rollen und Tätigkeiten einlassen – oder sie freundlich und bestimmt ablehnen.

Photo by Curtis MacNewton on Unsplash